So wie der „Garten eine Kunstnatur“ ist, so sind die Begriffe „Schädling“ und „Nützling“ künstliche Kategorien. In diesem Artikel soll die Schädlichkeit und Nützlichkeit nach gärtnerischem Maßstab behandelt werden – denn die Nützlichkeit eines Blattlauslöwen wird von einer Blattlaus wohl anders eingeschätzt werden, als vom Gärtner. Es ist doch alles eine Frage der Perspektive. Ganz nüchtern betrachtet hat jedes Tier seinen Platz und seine Wichtigkeit im natürlichen Gefüge.

Das tröstet Gärtnerinnen und Gärtner natürlich wenig, wenn die Salatsetzlinge über Nacht verschwunden, die Rosen welk, der Buchsbaum entlaubt und die Kirschen wurmstichig sind. Es fällt dann schwer, Schnecken, Blattläusen, Buchsbaumzünslern und Co. ihren Platz zuzugestehen. Etwas muss gegen die Verwüstung unternommen werden, und zwar möglichst einfach, schnell, kostengünstig und ungiftig für Mensch und Haustier.

Nützlinge für den Hausgarten zukaufen

Die gute Nachricht ist, dass immer effizientere Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz zur Verfügung stehen: Das Freilassen von Nützlingen liefert oft messbar bessere Ergebnisse, und das ganz ohne Resistenzen. Die ökologischen Zusammenhänge zwischen Schädlingen und ihren natürlichen Feinden sind immer besser erforscht. Mit Laborzüchtungen sind teilweise die Einsatzmöglichkeiten zielgenau auf bestimmte Arten abgestimmt worden. Die Nützlings-Firmen führen viele Produkte auch in Kleinstmengen für den Hausgartenbedarf. Das Angebot reicht von verschiedensten Insektenarten über Fadenwürmer und Raubmilben bis hin zu Bakterien und Viren. Die Nützlinge können per Post bestellt werden und kommen dann als Sporen, Eier, Larven oder ausgewachsene Tiere auf kleine Kartons geklebt, in den Hohlräumen von Wellpappe-Kärtchen oder in verschiedenen Granulaten und Papierröllchen geschützt – bei der Kundschaft an. Der Erfolg der Behandlung hängt dann maßgeblich von der weiteren Behandlung und dem richtigen Einsatz ab. Oft spielen Tageszeit, Lichtverhältnisse, Luftfeuchtigkeit und Temperatur dabei eine entscheidende Rolle.

Nützlinge im Hausgarten durch Strukturen fördern

Noch einfacher als das Bestellen von Nützlingen ist gerade im eigenen Hausgarten das Bereitstellen von Lebensraum, sodass sich die erwünschten Tiere von selbst ansiedeln können. Diese Maßnahmen wirken schon präventiv gegen Massenvermehrungen von Schädlingen. Es gibt viele Weisen, wie ein Nützlingsgarten aussehen kann. Die Abwechslung macht’s. Vielfalt in den Strukturen bringt Vielfalt in der Besiedelung. Wilde und unberührte Ecken im Garten sind generell wertvolle Lebensräume und bieten vielen Nützlingen Unterschlupf. Totholz, hohe Grashalme und vertrocknete Stängel und Blütenstände von Stauden werden von vielen verschiedenen Insekten besiedelt. Steinhaufen und offene Bodenstellen, die sich im Frühjahr in den ersten warmen Sonnenstrahlen schnell aufheizen, sind wertvolle Brutstätten für Hummeln und Spinnen, Wespen und so weiter. Laub dient vielen Nützlingen als Überwinterungsquartier, es ist deshalb nicht „unordentlich“, im Herbst nicht alle Blätter wegzuräumen, sondern umsichtig. Frühblühende Pflanzen mit gutem Pollenangebot sind besonders wichtig als Nahrungsquelle für Nützlinge, die als pflanzenfressende Erwachsene überwintern und dann hungrig aus der Winterruhe kommen. Überhaupt spielen Nektar- und Pollenpflanzen eine große Rolle bei der langfristigen Erhaltung eines Nützlingsbestandes. Auch für die fleischfressenden Nützlinge ist es wichtig, dass es permanent jene Pflanzen im Garten gibt, auf denen ihre Beutetiere leben.

Eine weitere schöne Möglichkeit, Nützlinge zu fördern, ist das Bauen von Insektenhotels. Das sind Holzkästen, in denen verschiedenste Materialien und Hohlräume für das Nisten und Überwintern zur Verfügung stehen: Stroh, hohle Ziegelsteine, Holzwolle, Holz mit Bohrlöchern in verschiedenen Durchmessern. Für die Blattlaus-hungrigen Ohrwürmer lässt sich aus einem umgedrehten, mit Holzwolle gefüllten Topf, ganz leicht eine Nistglocke basteln. Auch Vögel sind äußerst nützliche Gartenbesucher. Die kleine Kohlmeise etwa ist eine ganz große Raupen- und Blattlausvertilgerin. Der gewöhnliche Haussperling hat innerhalb weniger Jahre gelernt, die Raupen des eingeschleppten Buchsbaumzünslers als Nahrungsquelle für sich zu erschließen. Man kann Vögel gut mit blühenden und beerentragenden Gehölzen und mit dem Anbringen von Nistkästen fördern.

Berüchtigte Schädlinge und ihre Feinde

Es ist nicht leicht, den Überblick zu behalten beim großen Fressen-und-Gefressen-werden. Hier sollen einige wichtige Schädlinge und ihre Antagonisten vorgestellt werden.

Blattläuse

Bis zu 800 Blattlausarten gibt es in Mitteleuropa, dementsprechend findet man diese vielseitige Tiergruppe auf fast allen Pflanzenarten. Sie leben oft in Kolonien auf den Wirtspflanzen, wo sie mit ihrem Saugrüssel den Pflanzensaft saugen. Aufgrund ihrer süßen Ausscheidungen, dem Honigtau, werden sie oft von Ameisen vor Fressfeinden geschützt. Derer haben die Blattläuse genug: alle heimischen Marienkäferarten (Larven und Adulte), Florfliegenlarven (auch Blattlauslöwen genannt), Ohrwürmer, Schlupfwespenlarven, Schwebfliegenlarven, Laufkäfer, Raubwanzen, Gallmücken, Spinnen, Meisen und viele mehr ernähren sich von den winzigen Tieren.

Rüsselkäfer

Der Dickmaulrüssler ist ein nachtaktiver Käfer, der tagsüber nur durch die charakteristischen Fraßschäden auffällt, die er hinterlässt: Die buchtförmigen Bissspuren an den Blatträndern sind an mehrjährigen Blättern von Rhododendron, Efeu und anderen von ihm bevorzugten Gewächsen besonders lange unansehnlich. Die Larven des Dickmaulrüsselkäfers ernähren sich von Wurzeln und schädigen die Pflanzen unterirdisch. Neben dem abendlichen Absammeln hilft das Ausbringen der räuberischen HM Nematoden (Fadenwürmer) im Frühjahr und im Herbst, welche die Larven von innen mithilfe eines Bakteriums abtöten und fressen.

Buchsbaumzünsler

Der Buchsbaumzünsler ist ein unscheinbarer Tagfalter, der vor einigen Jahren aus Ostasien eingeschleppt wurde. Er kann innerhalb weniger Tage ganze Pflanzen kahlfressen. Als Widersacher hat sich Bacillus thuringiensis bewährt, ein Bakterium, das über eine Darminfektion den Wirt tötet.

Um den richtigen Zeitpunkt der Behandlung zu ermitteln, verwendet man spezielle Pheromonfallen, in denen sich die männlichen Falter beim Schwärmen verfangen. Danach sollte man nach 10 Tagen mit dem Ausbringen des Bakteriums beginnen.

Spanische Wegschnecke

Wie wenige andere Schädlinge kann die Spanische Wegschnecke Gärtnerinnen zur Weißglut bringen, denn sie tritt als deren direkte Nahrungskonkurrentin in Erscheinung. Die Erdbeeren frisst sie prinzipiell erst, wenn sie endlich richtig schön rot und vollreif sind, während sie den Salat und die Radieschen jung und zart bevorzugt. Darauf ist Verlass. Leider scheint sie selbst nicht sehr wohlschmeckend zu sein, denn sie wird von vielen Nützlingen, die andere Schnecken fressen, verschmäht. Auch der bei anderen Schneckenarten erfolgreiche Einsatz von Nematoden der Art Phasmarhabditis hemaphrodita blieb bei der Spanischen Wegschnecke wirkungslos. Hier hilft wohl nur das abendliche Absammeln und die nützliche Tigerschnecke (Limax maximus) zu verschonen: Sie jagt aktiv andere Nacktschnecken.

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